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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils IV 2008/134: Versicherungsgericht

Der Beschwerdeführer B. beantragte im Juni 2006 Leistungen der Invalidenversicherung (IV) aufgrund von Fussdeformationen und Schmerzen. Nach ärztlichen Berichten war er nicht mehr in der Lage, seinen Beruf als Maurer auszuüben, jedoch noch für andere Tätigkeiten voll arbeitsfähig. Die IV-Stelle lehnte seinen Rentenanspruch und den Anspruch auf berufliche Massnahmen ab. Der Beschwerdeführer legte Beschwerde ein und das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen entschied, dass er Anspruch auf eine Umschulung hat. Die Gerichtskosten wurden aufgeteilt, wobei die Beschwerdegegnerin einen Teil zu tragen hat.

Urteilsdetails des Kantongerichts IV 2008/134

Kanton:SG
Fallnummer:IV 2008/134
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:IV - Invalidenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid IV 2008/134 vom 08.12.2008 (SG)
Datum:08.12.2008
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 28 Abs. 1 IVG (Fassung bis 31. Dezember 2007). Anspruch auf
Schlagwörter : Eingliederung; Arbeit; Umschulung; Anspruch; Beruf; IV-act; Recht; Ausbildung; Invalidität; Invalide; Massnahmen; Rente; Verfügung; Einkommen; Beschwerdeführers; Hilfsarbeit; Hilfsarbeiter; Leistung; Eingliederungsberaterin; Versicherungsgericht; Füsse; Maurer; Abklärung; Gallen; IV-Stelle; Verfügungen
Rechtsnorm:Art. 16 ATSG ;Art. 288 ZPO ;Art. 7 ATSG ;
Referenz BGE:121 V 258; 124 V 108; 130 V 455; 97 V 162;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts IV 2008/134

Invalidenrente, Einkommensvergleich. Art. 8 Abs. 1 IVG; Art. 17 Abs. 1 IVG; Art. 6 Abs. 1 IVV. Der Anspruch auf Umschulungsmassnahmen ist grundsätzlich gegeben, zumal der Versicherte auch als Hilfsarbeiter derart eingeschränkt wäre, dass er keine angemessene Schadensdeckung erreichen könnte. Rückweisung zur umfassenden, sorgfältigen Abklärung der Neigungen und Eignung des Versicherten (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 8. Dezember 2008, IV 2008/134).

Präsident Franz Schlauri, Versicherungsrichterinnen Monika Gehrer-Hug und Lisbeth Mattle Frei; Gerichtsschreiberin Miriam Lendfers

Entscheid vom 8. Dezember 2008 in Sachen

B. ,

Beschwerdeführer, gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin, betreffend

IV-Rente/berufliche Massnahmen Sachverhalt:

A.

    1. B. , Jahrgang 1969, meldete sich im Juni 2006 zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung (IV) an und beantragte Umschulung auf eine neue Tätigkeit und eine Rente. Er leide an einer Deformation beider Füsse und an chronischen Gliederund Muskelschmerzen (IV-act. 1-6). Im Arztbericht vom 15. Januar 2007 nannte

      Dr. med. A. , Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie, die Diagnose des beidseitigen Hohl-/Spreizfusses. Die bisherige Tätigkeit sei dem Versicherten nicht mehr zumutbar. Für den Beruf als Maurer bestehe eine zu 100% verminderte Leistungsfähigkeit. In einer Tätigkeit ohne ausschliessliche Belastung der Füsse, sogar mit zusätzlichen Gewichten und mit häufigem Besteigen von Leitern und Gerüsten, wäre dem Versicherten eine volle Arbeitsfähigkeit zumutbar. Eine Teilzeittätigkeit mit voller Leistung im bisherigen Beruf sei nicht denkbar (IV-act. 5-3, 5-7). Dr. med. C. , Facharzt FMH für Allgemeine Medizin, attestierte am 30. April 2007 für den angestammten Beruf ebenfalls eine volle Arbeitsunfähigkeit (IV-act. 8-1). Die zuständige Ärztin des IV-internen Regionalen ärztlichen Dienstes (RAD) Dr. med. D. , Fachärztin FMH für Arbeitsmedizin, bezeichnete die volle Arbeitsunfähigkeit im angestammten Beruf als Maurer sowie als Heizungsmonteur als nachvollziehbar. Für jede die Füsse nicht besonders belastende Tätigkeit, insbesondere ohne Zusatzbelastungen und ohne häufiges Besteigen von Leitern, bestehe eine volle Arbeitsfähigkeit (IV-act. 9-2). Am 6. Juli 2007 führte die IV-Stelle eine Eingliederungsberatung beim Versicherten durch (IV-act. 12).

    2. Mit Vorbescheid vom 6. Dezember 2007 stellte die IV-Stelle dem Versicherten die Verneinung des Rentenanspruchs in Aussicht (IV-act. 25), mit Vorbescheid vom

  1. Dezember 2007 die Abweisung des Anspruchs auf berufliche Massnahmen (IV-act. 23). Entsprechendes hielt sie in zwei Verfügungen vom 15. Februar 2008 fest

    (act. G 1.1, 1.2). B.

    B.a Gegen diese Verfügungen richtet sich die Beschwerde des Versicherten vom

  2. März 2008. Er beantragt sinngemäss die Aufhebung der Verfügungen und die Zusprache der gesetzmässigen Leistungen. Er suche nach einer angemessenen, dem Leiden angepassten Arbeit, bisher ohne Erfolg. Persönlich stufe er sich als schwer vermittelbar ein. Sein Leben habe sich komplett verändert. Früher sei er ein sehr aktiver Mensch gewesen, heute sei wegen der Fussschmerzen vieles nicht mehr möglich. Eine komplette Neuorientierung sei ein sehr schweres Unterfangen, das sehr viel Verständnis aller Seiten erfordere (act. G 1).

    1. Mit Schreiben vom 25. März 2008 ersuchte der Beschwerdeführer um Erlass des einverlangten Gerichtskostenvorschusses. Im Übrigen wies er darauf hin, dass seine Füsse an der Schulthess-Klinik bald begutachtet würden (act. G 3). Der zuständige Abteilungspräsident des Versicherungsgerichts sistierte das Verfahren am 1. April 2008 bis zum Vorliegen des Gutachtens der Schulthess-Klinik (act. G 4).

    2. Am 5. Mai 2008 reichte der Beschwerdeführer ein ausgefülltes Gesuchsformular für die unentgeltliche Prozessführung samt Beilagen ein (act. G 6) und bestätigte auf Anfrage am 14. Mai 2008, nicht über eine Rechtsschutzversicherung zu verfügen

      (act. G 8). Mit Schreiben vom 17. Juni 2008 legte er einen Bericht der Schulthess-Klinik vom 14. Mai 2008 und Abrechnungen der Arbeitslosenkasse für die Monate April und Mai 2008 ins Recht (act. G 9).

    3. Die Beschwerdegegnerin beantragt in der Beschwerdeantwort vom 9. September 2008 die Abweisung der Beschwerde (act. G 11). Aus den Akten ergebe sich zwar, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 1987 bis 1989 in einer Lehrausbildung zum Maurer gestanden habe, doch habe er keinen Fähigkeitsausweis eingereicht, der einen erfolgreichen Lehrabschluss belegen würde. Die Eingliederungsberaterin habe den Beschwerdeführer beim Standortgespräch vom 6. Juli 2007 auf das nicht vorhandene Fähigkeitszeugnis aufmerksam gemacht. In dieser Situation könne der IV-Stelle nicht der Vorwurf unvollständiger Abklärungen gemacht werden. Selbst wenn der Beschwerdeführer die Maurerlehre erfolgreich abgeschlossen hätte, wäre ohnehin nicht der erlernte Beruf für die Invaliditätsbemessung massgebend, weil er vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung längere Zeit in anderen Berufsfeldern gearbeitet habe. Unter diesen Umständen sei er zu Recht als Hilfsarbeiter eingestuft worden.

      Damit sei bei einer vollen Arbeitsfähigkeit für angepasste Tätigkeiten in erwerblicher Hinsicht nicht mit einer Erwerbseinbusse zu rechnen, die einen Anspruch auf eine Invalidenrente auslösen würde. Die rentenabweisende Verfügung sei nicht zu beanstanden. Betreffend berufliche Massnahmen weist die Beschwerdegegnerin darauf hin, der Invaliditätsgrad von 26% schliesse einen Umschulungsanspruch für einen Hilfsarbeiter nicht zum Vornherein aus. Der Beschwerdeführer habe jedoch beim Standortgespräch den Eindruck erweckt, dass er nicht die erforderlichen Ressourcen für eine Berufsausbildung habe. Sein Interesse scheine vor allem darin zu liegen, eine seinem Leiden, d.h. seiner beschränkten körperlichen Belastbarkeit angepasste Tätigkeit zu finden. Damit fehle es an der für eine Umschulung notwendigen subjektiven Eingliederungsfähigkeit. Bei einer vollständigen Arbeitsfähigkeit für adaptierte Tätigkeit bestehe zudem von Vornherein kein Anspruch auf Arbeitsvermittlung (act. G 11).

    4. In der Replik vom 11. September 2008 hält der Beschwerdeführer sinngemäss an seinen Anträgen fest. Er sei zurzeit trotz regelmässiger Bewerbungen immer noch arbeitslos. Es sei sehr schwer, eine geeignete, seinem Gesundheitszustand entsprechende Arbeit zu finden. Seit dem Frühjahr 2008 beschäftige er sich mit Tätowieren. Diesen Beruf zu erlernen sei eine grosse Herausforderung. Eine professionelle Ausbildung koste zwischen Fr. 30'000.- und Fr. 60'000.-. Nun sei er gezwungen, sich alles selber anzueignen, was sehr viel Zeit koste (act. G 14).

    5. Die Beschwerdegegnerin verzichtete auf die Einreichung einer Duplik (act. G 16).

Erwägungen:

1.

Am 1. Januar 2008 sind mit der 5. IVG-Revision verschiedene Änderungen des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft getreten. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestands Geltung haben (BGE 130 V 455 Erw. 1.2.1), sind auf die angefochtenen Verfügungendie bis zum 31. Dezember 2007 in Kraft gestandenen materiellen Bestimmungen anzuwenden. Dass die

angefochtenen Verfügungen zufällig erst im Februar 2008 ergingen, vermag daran nichts zu ändern. In Bezug auf die hier zu beurteilenden Rechtsfragen hat die 5. IVGRevision jedoch ohnehin keine wesentlichen Neuerungen gebracht.

2.

Zu prüfen ist einerseits, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung hat, andererseits, ob er zum Bezug von beruflichen Massnahmen berechtigt ist.

3.

    1. Unter Invalidität wird bei als Gesunden voll erwerbstätigen Personen die voraussichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit verstanden (Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]). Erwerbsunfähigkeit ist dabei der durch eine Beeinträchtigung der körperlichen geistigen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 ATSG). Der Grad der für einen allfälligen Rentenanspruch massgebenden Invalidität wird gemäss Art. 16 ATSG durch einen Einkommensvergleich ermittelt, bei dem das Einkommen, das die versicherte Person nach dem Eintritt der Invalidität und nach der Durchführung der notwendigen und zumutbaren Eingliederungsmassnahmen bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (zumutbares Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt wird zum Einkommen, das die versicherte Person erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen). Nach Art. 28 Abs. 1 IVG in der bis Ende 2007 in Kraft gestandenen Fassung besteht der Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wenn der Versicherte mindestens zu 70%, derjenige auf eine Dreiviertelsrente, wenn er wenigstens zu 60% invalid ist. Liegt ein Invaliditätsgrad von mindestens 50% vor, so besteht Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem IV-Grad von mindestens 40% auf eine Viertelsrente.

    2. Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer gemäss den Arztberichten der Dres. A. und C. nicht mehr in der Lage, seine angestammte Tätigkeit als Maurer bzw. die zuletzt ausgeführte Tätigkeit als Heizungsinstallateur auszuüben. Eine leidensadaptierte Tätigkeit ohne grössere Belastung der Füsse ist gemäss den Ärzten jedoch mit vollem Pensum und ohne Leistungseinschränkung zumutbar (IV-act. 5-7;

      8-3). Dieser Beurteilung stimmte die RAD-Ärztin am 30. Mai 2007 bzw. 22. Juli 2007 zu (IV-act. 9-2; 35). Sie ist denn auch plausibel.

    3. Gemäss Arbeitgeberfragebogen vom 29. Januar 2007 hätte der Beschwerdeführer im Jahr 2007 bei voller Leistung ein Einkommen von Fr. 71'500.erzielt (IV-act. 6-2). Die Beschwerdegegnerin hat bei der Bemessung des Invaliditätsgrads zu Recht dieses Einkommen als Valideneinkommen beigezogen. Da der Beschwerdeführer nicht in einem Arbeitsverhältnis steht, ist für das Invalideneinkommen auf die Tabellenlöhne der

vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) abzustellen. Massgebend ist das Einkommen des tiefsten Anforderungsniveaus (einfache und repetitive Tätigkeiten). Dieses belief sich im Jahr 2006 bei einer durchschnittlichen betriebsüblichen Arbeitszeit von 41.7 Stunden wöchentlich auf

Fr. 59'197.-. Unter Berücksichtigung der Nominallohnentwicklung im Jahr 2006 (+1.2%) ergibt sich für das Jahr 2007 ein Einkommen von Fr. 59'907.-. Die Beschwerdegegnerin hat zu Recht einen Abzug von 10% zugelassen, um jene Nachteile auszugleichen, die dem Beschwerdeführer auf dem Arbeitsmarkt aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen eine (zusätzliche) Lohneinbusse verursachen (sog. Leidensabzug). Somit ergibt sich ein Invalideneinkommen von Fr. 53'916.-. Bei diesem Invalideneinkommen und dem Valideneinkommen von Fr. 71'500.beträgt der Invaliditätsgrad gerundet 25%. Die Beschwerdegegnerin hat den Rentenanspruch des Beschwerdeführers folglich zu Recht verneint.

4.

    1. Zu prüfen bleibt der Anspruch auf berufliche Massnahmen. Weil der Invaliditätsgrad des Beschwerdeführers unter der rentenbegründenden Hürde von 40% liegt, besteht keine Eingliederungspflicht, die die Beschwerdegegnerin dem Grundsatz "Eingliederung vor Rente" folgend von Amtes wegen zu berücksichtigen hätte. Hingegen kommt ein Eingliederungsanspruch des Beschwerdeführers sehr wohl in

      Frage, zumal praxisgemäss sämtliche in Frage kommenden Ansprüche zu prüfen sind und der Beschwerdeführer in seiner Anmeldung obendrein berufliche Massnahmen in Form der Umschulung beantragt hatte (IV-act. 1-6).

    2. Nach Art. 8 Abs. 1 IVG in der bis 31. Dezember 2007 in Kraft gestandenen Fassung haben Invalide von einer Invalidität unmittelbar bedrohte Versicherte Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit diese notwendig und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, wieder

      herzustellen, zu erhalten zu verbessern. Dabei ist die gesamte noch zu erwartende Arbeitsdauer zu berücksichtigen. In der Regel besteht nur ein Anspruch auf die dem jeweiligen Eingliederungszweck angemessenen, notwendigen Massnahmen, nicht aber auf die nach den gegebenen Umständen bestmöglichen Vorkehren (BGE 121 V 258; BGE 124 V 108). Denn das Gesetz will die Eingliederung lediglich so weit sicherstellen, als diese im Einzelfall notwendig, aber auch genügend ist (BGE 124 V 108). Immer muss zwischen Kosten und Nutzen der Eingliederungsmassnahmen ein vernünftiges Verhältnis bestehen (vgl. EVGE 1964 S. 239; BGE 97 V 162; ZAK 1970 S. 231). Die Eingliederungsmassnahmen bestehen unter anderem in Massnahmen beruflicher Art (Berufsberatung, erstmalige berufliche Ausbildung, Umschulung und Arbeitsvermittlung; Art. 8 Abs. 3 lit. b IVG).

    3. Gemäss aArt. 17 Abs. 1 IVG besteht ein Anspruch auf eine Umschulung in eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die Umschulung invaliditätsbedingt notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten wesentlich verbessert werden kann. Nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) gelten als Umschulung unter anderem Ausbildungsmassnahmen, die Versicherte nach Abschluss einer erstmaligen beruflichen Ausbildung nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ohne vorgängige berufliche Ausbildung wegen ihrer Invalidität zur Erhaltung Verbesserung der Erwerbsfähigkeit benötigen. Eine Invalidität im Sinne des aArt. 17 Abs. 1 IVG liegt nach der Praxis vor, wenn eine versicherte Person eine Erwerbseinbusse von mindestens 20% erleidet (ZAK 1984, 91).

    4. Vorliegend war bis zum Beschwerdeverfahren grundsätzlich unstrittig, dass der Beschwerdeführer als Berufsmann zu betrachten ist (vgl. IV-act. 9-2; 12-2; 27-1). Er übte nach der Ausbildung zum Maurer und Erwerbstätigkeit in diesem Beruf

      schliesslich während längerer Zeit die Tätigkeit als Heizungsmonteur aus, die ihrerseits jedenfalls nicht als einfache Hilfsarbeit zu betrachten ist. Insgesamt erscheint er als vielseitiger "Berufsmann". Doch selbst wenn man ihn als Hilfsarbeiter betrachten würde, wäre ein Umschulungsanspruch zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts reicht dafür ja bereits die vom Beschwerdeführer erlittene Erwerbseinbusse von 20%. Das Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen hat festgehalten, dass es sich bei einer "Umschulung" eines Hilfsarbeiters im Grunde stets um eine erstmalige berufliche Ausbildung handel, die ein Ungleichgewicht mit den bisherigen Erwerbsaussichten mit sich bringt. Dies kann allenfalls das Verhältnismässigkeitsprinzip verletzen, wenn nämlich nach der Umschulung ein wesentlich höheres Einkommen erzielt werden könnte, als es mit der bisherigen

      (Hilfs-)Tätigkeit der Fall gewesen wäre. Deswegen hat das Versicherungsgericht auf die Umschulungen von Hilfskräften die Wertung bei gelernten Versicherten übertragen, die eine höherwertige Ausbildung wünschen. Ein Anspruch auf eine solche höherwertige Ausbildung besteht nur, wenn die erwerblichen Auswirkungen des Gesundheitsschadens sich nur auf diese Weise beheben lassen (vgl. etwa ZAK 1988

      S. 467; Entscheid I 202/00 des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom

      5. September 2001). Hat der Gesundheitsschaden in seiner Art und Schwere derartige berufliche Auswirkungen, dass auch beim Hilfsarbeiter nur mit einer höherwertigen Ausbildung eine angemessene Verwertung der verbleibenden Leistungsfähigkeit bzw. eine angemessene Schadensdeckung resultiert, so ist die Ausbildung geschuldet

      (m.w.H. Entscheid IV 2007/21 des Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen vom

      14. August 2007, Erw. 4d). Vorliegend kann der Beschwerdeführer nur noch weitgehend sitzende Arbeit ausüben, was seine Möglichkeiten als Hilfsarbeiter deutlich einschränkt. So wäre etwa noch sitzende Fliessbandarbeit denkbar. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine angemessene Verwertung der verbleibenden Leistungsfähigkeit. Mit dem in einer solchen Tätigkeit erzielbaren Lohn ist eine adäquate Schadensdeckung nicht zu erreichen. Der Beschwerdeführer hätte somit grundsätzlich selbst dann einen Anspruch auf Umschulung, wenn man ihn als Hilfsarbeiter betrachten würde.

    5. Die Beschwerdegegnerin verneinte einen Umschulungsanspruch unter dem Hinweis, dem Beschwerdeführer fehle die subjektive Eingliederungsfähigkeit. Beim Standortgespräch habe er den Eindruck erweckt, er habe nicht die erforderlichen

      Ressourcen für eine Berufsausbildung (act. G 11, S. 5, Ziff. 4.2). Im Protokoll des Standortgesprächs vom 6. Juli 2007 hielt die Eingliederungsberaterin der IV-Stelle fest, der Beschwerdeführer erwarte Unterstützung bei der Stellensuche, eventuell eine Umschulung und Hilfsmittel (orthopädische Schuhe). In der Sparte "Subjektiver Eindruck der Eingliederungsberatung" wies sie darauf hin, der Beschwerdeführer verhalte sich nervös und unzufrieden. Seine schmerzenden Füsse würden sein soziales Umfeld massiv beeinflussen. Er ziehe sich von allem zurück und vereinsame. Er hinterlasse den Eindruck, als würde er sich selbst aufgeben, da er zu keinem Arzt Vertrauen habe, und er finde sich mit seinen Schmerzen ab. Diese letzte Äusserung ist in sich nicht konsistent, lassen sich ein "sich-selbst-Aufgeben" und ein "sich-mit-denSchmerzen-Abfinden" doch kaum miteinander vereinbaren. Der von der Eingliederungsberaterin beobachtete totale Rückzug verhält sich wiederum widersprüchlich zur im Folgenden im Protokoll attestierten Motivation des Beschwerdeführers, so schnell als möglich eine Stelle als Baggerführer zu finden. Zum Stichwort "Problemlöseverhalten" führte die Eingliederungsberaterin an, der Beschwerdeführer sei nicht gross interessiert, seine Probleme selbst in den Griff zu bekommen. Er müsste jemanden haben, der ihn "führe" und motiviere. Im Gegensatz zu dieser Äusserung wird im Protokoll jedoch auch festgehalten, der Wille, etwas Neues in Angriff zu nehmen, sei vorhanden. Sonstige Ressourcen seien keine erkennbar (IV-act. 12).

    6. Die Äusserungen der Eingliederungsberaterin sind keinesfalls geeignet, einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Umschulungsmassnahmen zu verneinen. Der Beschwerdeführer hielt am letzten Arbeitsplatz bis Ende September 2007 durch, obwohl diese Arbeit von den Dres. A. und C. sowie von der RAD-Ärztin bereits zuvor als nicht mehr zumutbar beurteilt wurde. Eine gewisse Frustration über seine gesundheitliche Einschränkung ist durchaus nachvollziehbar, sah er doch keine Besserungsmöglichkeiten und veränderten die Fussprobleme sein Leben in verschiedenen Bereich deutlich und schränkten ihn ein. Daraus kann jedoch keineswegs auf eine fehlende subjektive Eingliederungsfähigkeit geschlossen werden. Im Gegenteil signalisierte der Beschwerdeführer bereits beim Standortgespräch eine Eingliederungsbereitschaft mit dem erklärten Willen, sich zum Baggerführer ausbilden zu lassen. Offenbar versäumte es die Eingliederungsberaterin, beim Beschwerdeführer eine eigentliche Berufsberatung durchzuführen und Neigungen und Interessen

sorgfältig zu evaluieren. Auf die Bemerkung des Beschwerdeführers, er könnte sich eine Stelle als Baggerführer vorstellen, ging sie offenbar gar nicht ein jedenfalls hat sie dazu nichts protokolliert. Vor diesem Hintergrund vermag ihre Schlussfolgerung, Ressourcen seien nicht erkennbar, nicht zu überzeugen. Mangelnde Motivation kann dem Beschwerdeführer ebenfalls nicht vorgeworfen werden, zumal es eben gerade Aufgabe der IV-Eingliederungsberatung wäre, berufliche Möglichkeiten aufzuzeigen und einem Versicherten aus einer nachvollziehbaren Orientierungslosigkeit herauszuhelfen. Das Protokoll vom 10. Juli 2007 lässt jedenfalls keine Rückschlüsse darauf zu, dass der Beschwerdeführer sich in Bezug auf konkrete Anregungen und Vorschläge der Eingliederungsberaterin unmotiviert gezeigt hätte. Dass beim Beschwerdeführer nicht primär ein Motivationsproblem vorliegt, verdeutlicht er auch im Beschwerdeverfahren, wies er doch darauf hin, sich regelmässig um Stellen zu bewerben und sich unterdessen auf eigene Kosten mit Tätowieren zu beschäftigen, eine Ausbildung, die er allein kaum finanzieren kann. Dass er die intellektuellen sonstige Voraussetzungen für eine Umschulung nicht mitbringen würde, kann aus den Akten ebenfalls nicht geschlossen werden. Er verfügt jedenfalls offenbar über einen Sekundarschulabschluss (IV-act. 1-4). Der Beschwerdeführer hat also nach dem Gesagten Anspruch auf angemessene Berufsberatung und in der Folge ebensolche Umschulungsmassnahmen bzw. Berufsausbildungsmassnahmen. Denkbar ist neben einer Umschulung auch eine sorgfältige Arbeitsvermittlung mit Zuschüssen für Anlernund Einarbeitungszeiten, wenn sich der Beschwerdeführer damit begnügen will.

5.

    1. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beschwerdegegnerin einen Rentenanspruch des Beschwerdeführers zu Recht verneint hat, ihm jedoch ein Anspruch auf berufliche Massnahmen nicht vorenthalten darf. Die Sache ist folglich bei teilweiser Gutheissung der Beschwerde an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit diese eine einlässliche, falls nötig längerfristige Berufsberatung und Abklärung der Neigungen und Fähigkeiten des Beschwerdeführers vornehme (gegebenenfalls unter Veranlassung einer beruflichen Abklärung in einer Einrichtung der BEFAS) und gegebenenfalls Kostengutsprache für eine angemessene Umschulung sowie für das dazugehörige Taggeld erteile.

    2. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.bis Fr. 1'000.festgelegt (Art. 69 Abs. 1 bis IVG). Eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-

erscheint als angemessen. In der Rentenfrage ist der Beschwerdeführer unterlegen, weshalb ihm die halbe Gerichtsgebühr in der Höhe von Fr. 300.aufzuerlegen ist. Von deren Bezahlung ist er jedoch infolge der am 15. September 2008 bewilligten unentgeltlichen Rechtspflege zu befreien. Wenn seine wirtschaftlichen Verhältnisse es gestatten, kann er aber zur Nachzahlung der Gerichtskosten verpflichtet werden

(Art. 288 Abs. 1 ZPO/SG i.V.m. Art. 99 Abs. 2 VRP/SG). Die andere Hälfte der Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 300.hat die Beschwerdegegnerin zu tragen.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG entschieden:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit sie sich gegen die rentenabweisende Verfügung vom 15. Februar 2008 richtet.

  2. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, soweit sie sich gegen die abweisende Verfügung vom 15. Februar 2008 betreffend berufliche Massnahmen richtet. Die Sache wird unter Aufhebung dieser Verfügung im Sinn der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen, damit diese weitere Abklärungen vornehme und über den Anspruch des Beschwerdeführers auf berufliche Massnahmen, insbesondere auf Umschulung, neu verfüge.

  3. Der Beschwerdeführer wird im Sinn der Erwägungen von der Bezahlung des auf ihn entfallenden Gerichtskostenanteils von Fr. 300.befreit.

  4. Die Beschwerdegegnerin hat den auf sie entfallenden Gerichtskostenanteil von Fr. 300.zu bezahlen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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